Best Practice: Home Office

Derzeit befindet sich etwa die Hälfte der Weltbevölkerung in einem noch nie dagewesenen Lockdown. Viele Menschen arbeiten zum ersten Mal im Home Office und versuchen sich mit dieser neuen Normalität anzufreunden. Die Arbeit von zu Hause stellt uns allerdings vor einige Herausforderungen, unsere privaten Aufgaben und nicht zuletzt unsere Familien, Partner und Mitbewohner lenken uns von der Arbeit ab.

Welche Regeln sollte man beachten, um das Home Office nicht nur produktiv, sondern angenehm zu gestalten?

Die wichtigste Lektion ist: Nachsicht mit sich selbst. Ungewohnte Situationen und unsichere Prognosen erzeugen Stress, sodass es keinen Sinn macht, sich mit Ansprüchen an die eigene Produktivität zusätzlich unter Druck zu setzen. Seien Sie geduldig und freundlich zu sich selbst, besonders, wenn Sie hinter Ihren eigenen Erwartungen zurückbleiben. Die Psychologin Kristin Neff empfiehlt, die Freundlichkeit, die man einem Freund in derselben Situation entgegenbrächte, auch sich selbst gegenüber walten zu lassen.

Um Ihnen die Arbeit im Home Office so leicht wie möglich zu machen, haben wir einige Empfehlungen von ExpertInnen gesammelt und zusammengestellt:

 

Routine erleichtert die Veränderung

Ein großer Stressfaktor ergibt sich aus dem Wegfall von Rahmenbedingungen und Routinen; jeder Tag fühlt sich wie der andere an.

Routine ist daher eines der wirksamsten Mittel, seinen Tag produktiv zu gestalten:

Stehen Sie zur gleichen Zeit auf; schaffen Sie sich eine Morgen- und Abendroutine. Es kann helfen, den Übergang von Freizeit und Arbeit auch physisch zu vollziehen; legen Sie für die Arbeit besondere Kleidung an, machen Sie sich zurecht. Ein großer Vorteil ist ein räumlich von Familienleben getrennter Arbeitsplatz, der explizit nur für die Arbeit genutzt wird.

Manchen Menschen hilft es auch, die Arbeit mit einem Spaziergang zu beginnen. Dies hat auch den Vorteil, dass Sie Bewegung in Ihren Alltag integrieren, mit der Sie den Wegfall vom täglichen Weg ins Büro kompensieren können.

 

Priorisierung und der Vorteil von To Do-Listen

Insbesondere bei Mitarbeitern mit Doppelbelastung durch Familie / Home Schooling ist eine Priorisierung wichtig. Sie werden nicht so viele Aufgaben erledigen können, wie im Büro. Hier muss entschieden werden, welche Aufgaben wichtig sind und welche warten können. Vielleicht kann man die ein oder andere Aufgabe ja auch delegieren.

To Do Listen für den Tag sollten realistisch sein, nehmen Sie wenn möglich nur 2-3 Punkte auf, um am Abend nicht frustriert zu sein. In der Regel nehmen wir uns zu viel vor und sind dann von uns selbst enttäuscht. Physische To Do Listen haben den Charme, dass wir unsere erledigten Aufgaben tatsächlich abhaken und durchstreichen können, jedes Mal ein kleiner Triumph.

 

Zeit einteilen und Grenzen ziehen

Manchen von uns fällt es schwer, im Home Office die Grenzen zwischen Arbeits- und Privatleben nicht zu sehr verschwimmen zu lassen. Einige Grundregeln helfen dabei, nicht zu viel zu arbeiten. Dabei kommt es sehr darauf an, was für ein Typ Sie sind. Stresst es Sie, nach dem typischen Feierabend noch an die Arbeit zu denken? Oder können Sie sogar besser arbeiten, wenn sich die Arbeit auf den gesamten Tag verteilt?

Lassen Sie sich z.B. von Ihrem Kalender erinnern, wenn Sie normalerweise das Büro verlassen. Klappen Sie Ihren Laptop zu und verlassen Sie Ihren Arbeitsplatz. Wenn dieser nicht physisch vom Rest des Wohnbereichs getrennt ist, weil Sie z.B. im Wohnzimmer arbeiten müssen, kann es helfen, den Arbeitsplatz abzudecken, um nicht ständig an die Arbeit erinnert zu werden.

Sie können die Arbeit im Home Office auch nutzen, die Arbeitszeit flexibler zu gestalten. Warum nicht eine Runde mit dem Hund drehen, wenn das Wetter gerade besonders schön ist und dafür später wieder am Schreibtisch sitzen? Sie können sich mittags auch besonders viel Zeit mit Ihren Kindern nehmen, um gemeinsam zu kochen und zu essen. Solche Pausen können insbesondere bei geistig anstrengender und kreativer Arbeit helfen, neue Impulse zu geben.

Tragen Sie Ihre geplanten Arbeitspakete in Ihren Kalender ein, reservieren Sie Zeit dafür. Ebenso wie Pausen. Legen Sie schwierige Aufgaben in die Zeit, in der Sie a) am produktivsten sind und b) mit den wenigsten Unterbrechungen rechnen.

Um Ihren KollegInnen und MitarbeiterInnen das Leben zu erleichtern, verzichten Sie darauf, E-Mails außerhalb der üblichen Arbeitszeit zu versenden, auch wenn Sie vielleicht aufgrund der familiären Situation abends noch mal am Schreibtisch sitzen. Studien haben gezeigt, dass dies einen ungesunden Druck zur ständigen Erreichbarkeit erzeugt und man diese E-Mails besser auf eine Zeit innerhalb der Arbeitszeit terminieren sollte.

 

Kommunikation – Reden Sie miteinander

Da eine größere räumliche Ferne entsteht, ist Kommunikation im Home Office besonders wichtig. Mindestens einmal in der Woche sollten Sie und Ihr Team zusammenkommen, um Arbeitspakete und anstehende Aufgaben abzustimmen. Nutzen Sie diese Meetings auch unbedingt, um sich nach dem Wohlbefinden der anderen und etwaigen Problemen zu erkundigen.

Neue Teammitglieder und dringende Projekte benötigen eventuell mehr Aufmerksamkeit und hier könnten mehr One-on-One-Gespräche notwendig sein, planen Sie diese ein.

Führung aus dem Home Office hat jedoch viel mit Vertrauen zu tun. Führungskräfte und auch MitarbeiterInnen müssen sich mit dem Gedanken anfreunden, dass Kontrolle im Home Office nur bedingt ausgeübt werden kann. Dies kann jedoch auch eine Chance sein: Studien belegen, dass zu viel Kontrolle die intrinsische Motivation der MitarbeiterInnen zerstört, während entgegengebrachtes Vertrauen in der Mehrheit der Fälle mit Verantwortungsbewusstsein und gegenseitigem Vertrauen belohnt wird.

Viele Projekte und Ideen ergeben sich in Pausengesprächen, z.B. in der Teeküche. Diese Gespräche sind auch für den internen Zusammenhang enorm wichtig. Es macht Sinn, auch diesen formlosen „Meetings“ einen Raum zu geben, sich z.B. zu einer gemeinsamen Mittagspause oder eine Happy Hour am Freitag Nachmittag zum Online Meeting zu verabreden.

In der Kommunikation mit der Familie oder dem Partner kann es helfen, sehr klar über die Regeln der Heimarbeit zu sprechen. Kinder können in diese Regeln einbezogen werden, wenn sie bereits alt genug sind und z.B. helfen, ein Türschild für das Büro zu erstellen, auf dem angezeigt wird, ob gerade gestört werden darf oder nicht.

 

Die Relevanz von Bewegung und Pausen

Im Büro macht man zahlreiche Pausen und der Arbeitsweg sorgt bereits für einiges an Bewegung. Während wir laufen müssen, reicht im Home-Office ein Klick, um in ein Meeting zu kommen. Dies sorgt für zu wenig Bewegung, die gerade für den Stressabbau sehr wichtig ist. Daher gilt: ruhig jeden Tag ein paar längere Pausen machen, mit den Kindern einen Spaziergang machen, mit dem Haustier spielen, warum nicht auch die Spülmaschine ausräumen, Hauptsache, weg vom Schreibtisch und ein wenig bewegen.

Ein Vorteil von Home Office ist, dass man theoretisch von überall arbeiten kann und nicht an die Schreibtischarbeit gebunden ist. Wenn es die Aufgabe hergibt, warum nicht auch mal auf dem Balkon in der Sonne arbeiten?

Die Mittagspause kann ein kleiner Ausflug werden, man kann sich z.B. etwas zu essen holen. Wenn keine Meetings anstehen, auch mal bewusst länger Pause machen und z.B. eine Runde joggen gehen.

 

Resilienz Trainieren

Resilienz ist die natürliche Widerstandskraft gegen mentalen Stress und kann trainiert werden. Es macht z.B. Sinn, positive Erlebnisse zu betonen und besonders zu erinnern, besonders gut funktioniert das mithilfe eines Dankbarkeitstagebuch (in Papierform oder auch ganz praktisch als App). Man schlägt hier zwei Fliegen mit einer Klappe: einerseits kann so ein Tagebuch helfen, Routine in den Tag zu bringen, andererseits ist die Resilienz wie ein Muskel, der aufgebaut werden muss und der Fokus auf positive Erlebnisse richtet die Aufmerksamkeit auf diese Erlebnisse und macht uns insgesamt resilienter.

Meditation kann ebenfalls helfen, Resilienz zu stärken. Hier gibt es hilfreiche Apps und Online-Kurse, falls man noch keine Erfahrung mit Meditation hat. Insbesondere in Zeiten von Isolation oder Unsicherheiten, kann Meditation dabei helfen, sich mit anderen verbunden zu fühlen und Stress nicht so sehr an sich heranzulassen.

 

Besonderheit: Home Office und Homeschooling

MitarbeiterInnen mit Kindern sind derzeit einer gleichzeitigen Doppelbelastung ausgesetzt, die besondere Flexibilität und Verständnis von Seiten der Führungskräfte und der KollegInnen erfordert.

Eine flexible Einteilung der Arbeitszeit, keine Erwartung von ständiger Erreichbarkeit (und die Kommunikation dieser fehlenden Erwartung) und nicht zuletzt die Übernahme von Aufgaben durch andere KollegInnen können in dieser Situation Druck von Eltern nehmen.

Durch die flächendeckende Schließung von Schulen und Kindergärten befinden sich außergewöhnlich viele Menschen in diesem Zwiespalt zwischen Privatleben und Arbeitsleben, was erfreulicherweise auch für ein gestiegenes Verständnis für die Schwierigkeit einer solchen Situation sorgt. Hierin liegt auch die Chance, unsere KollegInnen mehr als Menschen wahrzunehmen, was die gegenseitige Nähe und Verbundenheit fördern kann.

Ein Tipp für Zoom-Konferenzen: Bei stumm gestelltem Mikro lässt sich die Stummschaltung vorübergehend aufheben, solange die Leertaste gedrückt ist, besonders hilfreich, wenn man ein schlecht gelauntes Kleinkind zu bändigen hat.

 

Chancen von Home Office

Während uns die gegenwärtige Situation vor viele Probleme stellt und mit Ängsten behaftet ist, kann sie doch auch als Chance zur Veränderung gesehen werden. Viele Unternehmen wachsen über sich selbst hinaus und sind innovativer als in den letzten Jahren. Wenn sich diese Flexibilität in dieser neuen Normalität verstetigen lässt, haben wir alle in diesen schwierigen Zeiten auch etwas gewonnen.

Unsere Webinare zum Thema finden Sie hier.

Quellen:

https://thriveglobal.com/categories/work-from-home-solutions/

https://hbr.org/2020/03/15-questions-about-remote-work-answered

https://ideas.ted.com/9-things-you-can-do-to-make-working-from-home-more-joyful/

https://www.weforum.org/agenda/2020/04/here-s-how-coronavirus-has-changed-the-world-of-work-covid19-adam-grant/