Social Media in der Diakonie

 

Das Internet hat im Jahr 2022 so gut wie jeden Winkel des menschlichen Lebens erreicht. Man erledigt dort Einkäufe, Geldgeschäfte, bucht Tickets für Zug, Mietwagen und Urlaub, verabredet sich dort mit Freund:innen und lernt nicht selten auch gänzlich neue Menschen kennen. Trends, ob in der Musik, der Mode oder auch der Politik, haben ihren Ursprung heute immer häufiger im Internet.
Die Anfang 2020 begonnene Corona-Pandemie hatten diesen Trend noch einmal verstärkt. Man vermied nach Möglichkeit die Öffentlichkeit. Treffen unter Freund:innen und Bekannten, die sonst in Bars und Diskotheken stattgefunden hätten, wurden auf Social-Media-Plattformen verlegt. Viele Arbeitgeber:innen ermöglichten ihren Beschäftigten das “Homeoffice”, die Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit aus den eigenen vier Wänden heraus – dies wurde schließlich zum Teil sogar gesetzlich vorgeschrieben.
Kurzum: Die Kommunikation zwischen Menschen und ihre vielfältigen Diskurse verlagerten und verlagern sich mehr und mehr in digitale Räume.
Auch religiöse Institutionen kommunizieren mit anderen Menschen. Damit sie mit ihren Botschaften, Meinungen und ethischen Bewertungen überhaupt noch zu den Menschen im oft sehr “lauten” Raum der sozialen Medien durchdringen können, ist die Anpassung der religiösen Organisationen und insbesondere ihrer Kommunikationsstrategien und -methoden an die digital geprägte Welt erforderlich.
Professionelles Kommunikations- und Medienmanagement kann auch kirchlichen Einrichtungen dabei helfen, das große Potenzial sozialer Medien erfolgreich zu nutzen.

Daher ist es wenig verwunderlich, dass auch für Seelsorger:innen das Internet und Social Media immer mehr an Bedeutung gewinnen. Viele Geistliche sind unsicher darüber, was diese Entwicklungen für sie bedeuten und wie sie möglicherweise daran partizipieren können. In ganz besonderem Ausmaß betrifft dies die Diakon:innen mit ihrem sozialpädagogisch geprägten Tätigkeitsschwerpunkt, der oft in der Jugendarbeit liegt.Speziell an die Berufsgruppe der Diakon:innen richtet sich aus diesen Gründen der Rat, sich im Themenfeld “Social Media” berufsbezogen weiterzubilden.

Was machen Diakon:innen?

Diakon:innen nehmen verschiedene Aufgaben in den Gemeinden wahr, die grundsätzlich sozialpädagogisch beziehungsweise sozialtherapeutisch geprägt sind. Aus diesem Grund sind sie doppelt qualifiziert. Sie haben nicht nur eine kirchlich anerkannte theologische Ausbildung durchlaufen, sondern auch eine staatlich anerkannte Qualifikation in einem Sozial- oder Pflegeberuf.

Das Tätigkeitsfeld ist sehr vielseitig. Die Arbeit der Diakon:innen besteht zum Beispiel aus:

  • Gestaltung von Gottesdiensten und Andachten
  • Projektentwicklung kultur- und erlebnispädagogischer Angebote
  • Begleitung von kirchlich organisierten Freizeiten
  • Trost und Rat spenden für andere Menschen

Diakon:innen sind oft auch spezialisiert, insbesondere hinsichtlich

  • der Zielgruppe (zum Beispiel Jugend- oder Seniorenarbeit)
  • des Sozialraums (zum Beispiel Seniorenheime oder “soziale Brennpunkte”)
  • des Themas (zum Beispiel Öffentlichkeitsarbeit oder sozialpädagogische Betreuung)
  • Trost und Rat spenden für andere Menschen

Die Vielseitigkeit des Berufs, sowohl hinsichtlich der Örtlichkeiten, als auch der jeweiligen Menschen, mit denen gearbeitet wird, lässt die zunehmende Bedeutung von Social Media für die Tätigkeit von Diakon:innen bereits erahnen.

Warum ist Kommunikation über Social Media für Diakone und Diakoninnen sinnvoll?

Die Antwort auf diese Frage lässt sich sehr kurz und prägnant beantworten: Weil es das älteste und beständigste Ziel kirchlicher Kommunikation ist, Menschen zu erreichen. Wenn sich nun infolge der zunehmenden Digitalisierung der ganzen Welt die Sozialräume mehr und mehr an virtuelle Orte verlagern, dann muss sich auch kirchliche Verständigung an diese neuen Umstände anpassen. Dies ist umso wichtiger für die sozialpädagogisch geprägte Tätigkeit von Diakon:nnen.

Dabei geht es um weit mehr als eine bloße Internetpräsenz, wie einer Webseite oder oder diversen Accounts. Die elektronische Verwaltung von Diözesen ist in den letzten Jahren weit vorangekommen. Mitgliederkarteien sind digitalisiert und die Koordination wichtiger kirchlicher Termine findet inzwischen ebenfalls mittels des Internets statt.

Doch diese praktische Nutzung moderner Kommunikationstechniken zur Verwaltung und Organisation umfasst noch nicht das vollständige Thema. Es geht darum, das Internet als Möglichkeit zu verstehen, bestimmte Botschaften überhaupt erst vermitteln, Sozialräume zu entdecken und schlussendlich Prozesse, die maßgeblich im digitalen Raum ablaufen, mitgestalten zu können. Diese Prozesse sind häufig von erheblicher gesellschaftlicher Bedeutung und oft konfliktbehaftet. Obwohl diese Entwicklungen mit zunehmender Häufigkeit im digitalen Raum beginnen und vornehmlich auch dort ausgetragen werden, sind sie nicht von der realen Welt entkoppelt.

 

Warum ist ein skeptischer Blick auf soziale Medien vielleicht angebracht, aber nicht hilfreich?

Mit der Debatte um die EU-Datenschutzgrundverordnung und der noch strengeren Behandlung der Kirchen durch diese hat die Diskussion um soziale Medien innerhalb der Kirchen Fahrt aufgenommen. Gleichzeitig fühlen sich diejenigen, die bereits von den digitalen Medien enttäuscht sind, in ihren Ressentiments bestätigt. Kulturpessimismus schlägt immer mal wieder durch, das ist und war im Falle des Internets und der sozialen Medien im Speziellen nicht anders und war grundsätzlich auch zu erwarten. Natürlich kann die Verlagerung des Lebensmittelpunkts vor allem junger Menschen von der realen hin in die digitale Welt kritisiert und bedauert werden.

Hilfreich ist dieser Kulturpessimismus, für die Arbeit von Diakoninnen und Diakonen indes nicht. Zunächst sei gesagt, dass die sozialen Medien ein bequemer Weg sind, um mit Freund:innen in beständigem Kontakt zu bleiben. Dies gilt nicht nur für Jugendliche und junge Erwachsene im Teenageralter und in ihren Zwanzigern, die oft als “digital natives” bezeichnet werden. Längst verbinden sie Menschen aller Generationen: Großeltern halten zum Beispiel in WhatsApp-Gruppen Kontakt zu ihren Enkeln. Bedenken und Vorbehalte bleiben indes bestehen. Persönliche Begegnung wird von vielen kirchlichen Mitarbeiter:innen immer noch als die einzig authentische und erstrebenswerte Form der zwischenmenschlichen Begegnung angesehen, während soziale Medien und die darüber gepflegten Kontakte gerne als oberflächlich abgetan werden.

 

Die Realität ist jedoch eine andere

Diejenigen, die Facebook, Instagram und YouTube nur als oberflächliche Werkzeuge für die persönliche Selbstdarstellung betrachten, verkennen die Bedeutung der zwischenmenschlichen Ebene des Kontakts auf diesen digitalen Plattformen. Kommunikation sollte niemals in erster Linie als bloßer Austausch von sachlichen oder persönlichen Informationen verstanden werden. Es ist auch und vor allem ein Beziehungsgeschehen, in dem sich Menschen sehen und gesehen werden wollen, in dem persönliche Bindungen zum Ausdruck kommen und soziale Netzwerke, ganz reale soziale Netzwerke, gestärkt werden. Menschen halten sich gegenseitig auf dem Laufenden über aktuelle Entwicklungen, pflegen den täglichen Kontakt und stabilisieren so ihre Beziehungen. Vor allem in der heutigen, oft als “postmodern” bezeichneten, Gesellschaft, die durch Mobilität und immer schnellere Entwicklungen und Neuerungen gekennzeichnet ist, gewinnt diese Form des Kontakthaltens zunehmend an Bedeutung. Die mit dieser gesteigerten Mobilität einhergehende Zunahme der Zerbrechlichkeit sozialer Beziehungen hat folgerichtig zu einem signifikanten Bedeutungszuwachs der sozialen Medien geführt.

 

Social Media im Alltag

Social Media ist selbstverständlicher Teil des heutigen Kommunikationsprozesses und dies machte die Übertragung auf den pastoralen Bereich zwingend. Beispielsweise werden Terminanfragen für Trauungen via Facebook gestellt und die Webseite www. internetseelsorge.de hat die althergebrachte telefonische Beratung und Seelsorge längst abgelöst. Die klassischen Elemente der kirchlichen Verkündigung und religiösen Verbreitung der christlichen Botschaft würden ohne die digitale Präsenz in ihren verschiedenen Formen kaum noch überleben. Der WhatsApp-Kanal des Erzbischofs von Hamburg oder die YouTube-Videos der Kölner Bischöfe sind gute Beispiele für die Verwendung der modernen Kommunikationsmethoden. Sie zeigen aber auch die Herausforderungen, die sich daraus ergeben. Soziale Medien schaffen nicht nur ein angenehmes Gefühl der Geborgenheit und Vertrautheit, sondern wecken auch Erwartungen. Wenn ein Projekt soziale Medien nutzt, aber keinen persönlichen Kontakt zu den Akteuren garantiert, werden die Erwartungen an das Potenzial der möglichen “echten” Kontakten, die sich daraus ergeben können, eindeutig falsch bewertet. Sie werden nämlich unterschätzt.

 

Warum ist digitale Social Media Kommunikation für die Kirche sinnvoll?

Elemente der digitalen Medien haben längst alle Bereiche der Gesellschaft durchdrungen und wirken sich spürbar auf vormals oft unsichtbare Gesellschaftsschichten aus. Das partizipative Mitgestaltungspotenzial der offenen Dialogprozesse in den digitalen Medien lässt auf ähnliche Möglichkeiten in anderen Lebensbereichen hoffen. Gleichzeitig führt der häufige Mangel an echten redaktionellen Beiträgen mit der entsprechenden Qualitätsprüfung zum Phänomen der “Fake News” und diese wiederum zu populistischen Tendenzen, gesellschaftlicher Unzufriedenheit und leider auch vermehrten, teils tödlichen, Akten von Gewalt.
Und an diesem Punkt ist heute auch die Kirche gefragt, sowohl hinsichtlich der Einordnung aktueller gesellschaftspolitischer Entwicklungen in den theologischen Kontext, als auch als Betätigungsfeld für die sozialpädagogisch geprägte Arbeit von Diakoninnen und Diakonen.

 

Wo kann Social Media der Kirche helfen?

In der Vergangenheit gab es einige Versuche, die kirchlichen Botschaften über soziale Medien an die Rezipienten zu transportieren. Dabei fiel auf, dass dabei häufige bereits bestehende Inhalte und Methoden der Verkündung der christlichen Botschaft lediglich in einem neuen, digitalen Formen dargeboten wurden, ohne aber wirkliche Innovation zu bieten oder gar eine nahtlose Adaption an das digitale Zeitalter zu beweisen. Derartige Versuche führten meist zu einer negativen, teils gar spöttischen, Reaktion des Publikums.
Digitales Kommunikations- und Medienmanagement zielt folglich darauf ab,  zu vermitteln, mit denen sich christliche Lehre und Botschaft zeitgemäß vermitteln lassen.
Hierbei geht es nicht bloß darum, neue Formate kennenzulernen, die der entsprechenden Vermittlung dienen können oder aufwendige Videos zu gestalten.

Glaubensbekenntnis kommunizieren

Crossmediale Glaubenskommunikation – Social Media speziell auf zugeschnitten auf die Kirche

Das berufsbegleitend durchgeführte Weiterbildungsangebot “Crossmediale Glaubenskommunikation” kann insbesondere Diakonen und Diakoninnen dabei helfen, die aktuellen Herausforderungen religiöser Kommunikationen zu meistern. Das Angebot vermittelt einerseits theologische Inhalte, setzt diese aber in einen Zusammenhang mit aktuellen kommunikations- und gesellschaftlichen Erkenntnissen. Dazu findet eine Vermittlung von medien- und kommunikationspraktischen Inhalten statt, damit die Synthese von theologischer Lehre einerseits und medien- und kommunikationswissenschaftlicher Forschung andererseits fließend in die Praxis umgesetzt werden kann.

 

Inhalte der Weiterbildung “Crossmediale Glaubenskommunikation”

  • die Herausforderung, den Glauben an Gott zeitgemäß zu vermitteln
  • die kommunikative Struktur von Offenbarung.
  • Theologie in praktischer, systematischer, historischer und biblischer Hinsicht im Kontext von medialer Kommunikation.
  • die aktuelle Transformation religiöser Landschaften und Identitäten und deren Implikationen auf die Verbreitung und Vermittlung des Glaubens.
  • Reflexion der gesellschaftlichen Entwicklung, vornehmlich hinsichtlich Digitalisierung, Individualisierung, sowie Mediatisierung. Hier wird auch die zunehmende Entwicklung hin zur “Event Gesellschaft” betrachtet.
  • Grundlagen der Kommunikationstheorie und insbesondere der zielgruppenadäquaten Kommunikationsmöglichkeiten und -methoden unter dem speziellen Blickwinkel der kirchlichen Kommunikation
  • Vermittlung praktischer gestalterischer Fähigkeiten / Informationsdesign
  • Vermittlung von Fähigkeiten zur Planung und anschließender Evaluation komplexer (multi-)medialer Kommunikationsprojekte und -kampagnen
  • Unterrichtung in spezifischen Methoden zum crossmedialen Erzählen religiöser Inhalte

 

Warum ist die Weiterbildung “Crossmediale Glaubenskommunikation” gerade für Diakone und Diakoninnen sinnvoll?

Wie zu Beginn erwähnt, ist die Arbeit von Diakon:innen sehr vielfältig und ihr Beruf bringt sie in Kontakt mit Menschen aus ganz verschiedenen Milieus, mit jeweils einer ganz eigenen Biografie, Weltanschauung und Lebensweise.
Für Diakon:innen, die folglich sehr nah am Menschen arbeiten, ist die Kenntnis digitaler Lebenswirklichkeiten deshalb essenziell. Diese Kenntnisse sind umso mehr von Bedeutung, wenn ein:e Diakon:in im Bereich der Jugendhilfe tätig ist. Hier sind die sozialen Medien ein fester, wenn nicht sogar der zentrale, Bestandteil der Lebenswirklichkeit der Klient:innen ist.
Das Wissen um die spezifischen, auch gesellschaftspolitisch relevanten, Dynamiken im digitalen Raum, kann es Diakon:innen in bestimmten Fallkonstellationen ermöglichen, Ursachen für Unzufriedenheit, Groll und seelisches Ungleichgewicht frühzeitig zu erkennen, nachvollziehen und verstehen zu können, sowie seelsorgerisch auf den anderen Menschen einwirken zu können. Gerade auch im Kontakt mit jungen oder allgemein medienaffinen Klient:innen kann ein:e Diakon:in mit anschaulicher Medienkompetenz eine andere, verständnisvollere und empathischere Ebene des seelsorgerischen Kontakts erreichen.
Doch nicht nur bei der Betreuung von Klient:innen bringt die berufsbegleitend durchführbare Weiterbildungsmaßnahme Vorteile mit sich:
Da Diakon:innen zum Beispiel für die Planung und Durchführung von kirchlich organisierten Freizeiten verantwortlich sind, kann ein sicherer Umgang mit Social Media auch hier dabei helfen, die Projekte medial wirksam und mit entsprechender Kompetenz zu bewerben oder auf sie aufmerksam zu machen.
Auch die Planung von Gottesdiensten und Andachten kann von den geschulten Diakon:innen medial flankiert werden. Der Fantasie sind in diesem Punkt keine Grenzen gesetzt.
Sicher ist jedenfalls, dass digitale Räume in Zukunft weiter an Bedeutung gewinnen werden. Der aktuell zu beobachtende Trend hin zu einer Verlagerung der zwischenmenschlichen Kommunikation ins Internet wird sich wohl kaum umkehren. Im Gegenteil er wird sich verstärken.

Angesichts dieser Perspektive erscheint die Weiterbildung in “Crossmedialer Glaubenskommunikation” auch als eine sehr gute Investition in Zukunft.